Die komplexe Beziehung zwischen Leder und Nachhaltigkeit
Wollen wir Klimaneutralität erreichen, dann müssen wir von vorne beginnen. Das bedeutet: umdenken und neu anfangen. Forschen, entwickeln und vergleichen. Bei der Wahl der Materialien und der Art und Weise, wie wir sie einsetzen, muss Nachhaltigkeit an erster Stelle stehen. Für ein wirklich nachhaltiges Produkt können wir sie nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt im Produktionsprozess anstreben. Nachhaltigkeit muss ab Schritt eins unser Ziel sein.
Eins nach dem anderen. Was gilt als nachhaltiges Material und wie definiert man es? Laut Rutgers ist ein Material dann nachhaltig, wenn es «in der benötigten Menge hergestellt werden kann, ohne dass nicht erneuerbare Ressourcen erschöpft werden und ohne dass das bestehende Gleichgewicht zwischen der Umwelt und den wichtigsten natürlichen Ressourcen gestört wird».
In Sachen Nachhaltigkeit haben einige Branchen grossen Nachholbedarf. Andere wiederum sind Vorreiter, zum Beispiel die Modebranche. Zahlreiche Modeunternehmen sind dabei, neue, nachhaltige Materialien wie Algen, Myzel oder Kaktus zu erforschen, zu entwickeln und in ihren Produkten einzusetzen.
Ein Material verwendet sowohl die Mode- als auch die Automobilindustrie seit Jahren aufgrund seiner Qualität und Funktionalität: Leder. Eine nachhaltigere Alternative zu Leder zu finden, ist angesichts der Risiken von Verstössen gegen den Tierschutz, Umweltverschmutzung, Klimaemissionen und einer wachsenden Zahl an Veganerinnen und Veganern notwendiger denn je. Lederähnliche Materialien werden deshalb immer beliebter, mittlerweile gibt es mehr als zwanzig verschiedene Alternativen zu Leder auf dem Markt. Einige bestehen aus natürlichen Materialien wie Ananas, Pilzen oder Rinde, während andere wie PVC-, Mikrofaser- und PU-Leder aus Kunststoff hergestellt werden. «Bei Polestar verfolgen wir die Entwicklungen rund um neue Lederalternativen aufmerksam», sagt Fredrika Klarén, Leiterin des Bereichs Nachhaltigkeit. «Leider eignen sich diese Materialien derzeit nicht für Autositze, da sie unseren strengen Anforderungen an die Lebensdauer, den Verschleiss und die Abnutzung nicht genügen. In der Modebranche ist es früher möglich, diese Materialien zu testen. Ihre Qualitätsanforderungen und die Lebensdauer ihrer Produkte unterscheiden sich von unseren. Wir erweitern aber unser Portfolio ständig um innovative Materialien und forschen an einer nachhaltigen Lederalternative, die wir hoffentlich dereinst in unseren Fahrzeugen einsetzen können.»
Obwohl der Markt für pflanzliche Materialien wortwörtlich wächst, ist nach wie vor klar, dass selbst die besten Alternativen zu Leder eben noch nicht so haltbar sind wie echtes Leder. Dieses ist natürlich, langlebig, anpassungsfähig und atmungsaktiv. Und mit der richtigen Pflege hält es ein Leben lang.
Laut einem Bericht über verantwortungsbewusste Mode von Lyth wird der Begriff «veganes Leder» jeden Monat rund 33'100 Mal online gesucht, mit steigender Tendenz. Lyth stellt zudem fest, dass auch die Nachfrage nach umweltfreundlichem veganem Leder stark an Popularität gewonnen hat. Das deutet darauf hin, dass Konsumentinnen und Konsumenten sich durchaus bewusst sind, dass vegan nicht automatisch nachhaltig bedeutet.
«In der Automobilindustrie gilt vor allem PVC als vegane Alternative zu Leder», sagt Klarén. «Würden wir allerdings nur noch eine Alternative auf Basis von Kunststoff anstelle von echtem Leder verwenden, würde der Verbrauch von PVC ansteigen. Das wiederum hätte negative Auswirkungen auf die Umwelt, sowohl bei der Produktion als auch am Ende der Lebensdauer.»
«So wie die Modebranche werden auch wir weiter nach einer Lederalternative forschen. In der Zwischenzeit verwenden wir dieses hochwertige Nebenprodukt aus der Nahrungsmittelindustrie», ergänzt sie. «Es ist sowohl rückverfolgbar als auch tierschutzgerecht und die nachhaltigste Alternative, die wir derzeit einsetzen können.»
Nachhaltigkeit beginnt ganz am Anfang. Schritt fünf und sechs im Produktionsprozess eines Produktes können nur nachhaltig sein, wenn es bereits Schritt eins ist. Der einzige Weg in die Zukunft ist deshalb, neue Materialien zu verwenden, zu entwickeln und zu erforschen, die während ihres gesamten Lebenszyklus nachhaltig sind.