Die Kunst des Recyclings: Elektrofahrzeug-Batterien
Lithium-Ionen-Batterien sind der Stand der Technik, wenn es um die Stromversorgung von Elektrofahrzeugen und anderen mobilen Elektrogeräten geht. Unser Universum des Batterieantriebs wird immer größer – und mit ihm die Frage nach dem Recycling. Dabei geht es um mehr als die reine Wiederverwendung von Materialien und Bauteilen. An diesem Prozess sind auch unterschiedliche Menschen und Verfahren beteiligt: Er ist komplex, interessant und bedeutsam; in anderen Worten eine Form der Kunst. Und wie jedes Kunstwerk, nimmt auch dieses uns mit auf eine Entdeckungsreise.
Das Recyclingverfahren moderner Lithium-Ionen-Batterien ist bereits weit fortgeschritten und folgt in allen Teilen der Welt einem relativ hohen Standard. Die Recyclingvorschriften der EU sind derzeit die strengsten Vorgaben – aus diesem Grund fungieren sie für Polestar als Ausgangspunkt. Wir entwickeln unsere Batterien im Hinblick auf diese Vorschriften, denn von allen Ländern wird unabhängig von der vor Ort geltenden Gesetzgebung erwartet, dass sie dieselben Standards erfüllen.
Die Altbatterie-Gesetzgebung steht derzeit in der EU auf dem Prüfstand. Neue Vorschriften werden in eine strengere Batterierichtlinie münden und dafür sorgen, dass Batterien (auf dem EU-Markt) über ihre gesamte Lebensdauer hinweg nachhaltig und sicher sind. Die entsprechenden Bestimmungen treten voraussichtlich 2023 in Kraft.
Dieses Regelwerk wird auch den dringend erforderlichen Druck auf Hersteller, Produzenten, Importeure und Händler von Batterien ausüben – und nicht zuletzt auch auf Wiederverwerter, Konsumentinnen und Konsumenten. Hierbei liegt der Schwerpunkt zum einen auf Rückverfolgbarkeit und Transparenz und zum anderen auf der Verwendung von Batteriemanagementsystemen (Systeme, die die Batterie vor einem Betrieb außerhalb ihres Sicherheitsbereichs schützen). Damit steigen auch die Anforderungen an die Effizienz der Recycling-Techniken, der Materialsammlung und -rückgewinnung sowie an die Nutzung der wiederverwendeten Materialien.
Allerdings ist es nicht nur die EU, die gerade an neuen Richtlinien zum Recycling von Batterien arbeitet. Auch Chinas Industrieministerium hat Richtlinien für Recyclinganlagen von Elektrofahrzeug-Batterien herausgegeben. Diese wurden erstmals im Jahr 2018 veröffentlicht und umfassen Regelungen zur Herstellerverantwortung (der Fahrzeughersteller selbst) sowie eine Plattform für Rückverfolgbarkeitsmanagement. Weitere Richtlinien kamen im Jahr 2021 hinzu, zu denen ein Fünf-Jahres-Plan mit Schwerpunkt auf Lebenszyklen von elektrifiziertem Transport und Kreislaufwirtschaft, die Wiederverwendung von Batterien, dem Rückverfolgbarkeitsmanagement vollständiger Lebenszyklen und der verstärkten Unterstützung von Recycling-Netzwerken, Nachverfolgbarkeit und Recycling-Technologien gehören.
In Nordamerika haben sowohl die Bundes-, die Staats- als auch die Kommunalregierungen bei der Entsorgung und Wiederverwertung von Lithium-Ionen-Batterien ein Wort mitzureden. Und auch wenn die Bestimmungen für das Batteriemanagement mittlerweile gebräuchlicher sind, gibt es keine bestimmten Vorschriften im Hinblick auf das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien: In diesem Bereich können die jeweiligen Bundesstaaten oder Gemeinden ihre eigenen Regeln aufstellen.
Bevor es allerdings überhaupt zu einem Recycling kommen kann, muss die Batterie aus dem Fahrzeug entnommen werden. Anschließend muss sie vollständig entladen werden, damit ihre weitere Handhabung sicher ist. Der Entladevorgang kann auf unterschiedliche Weise durchgeführt werden: thermische Vorbehandlung, Salzwasserbäder und kontrollierte Entladung mithilfe externer Kreisläufe. Wenn eine Batterie entladen wird, wird die verbleibende Energie extrahiert und ins Stromnetz zurückgeführt oder in der Anlage selbst genutzt, sodass nichts verloren geht.
Nachdem die Batterie entladen wurde, ist die Demontage der nächste Schritt im Recycling-Prozess, der von Hand durchgeführt wird. Bei diesem Vorgang werden alle Bestandteile der Batterie entfernt – wie Drähte, Anschlüsse, Kühlsysteme usw. – um die Batteriezellen freizulegen. Im Anschluss wird eine mechanische Vorbehandlung durchgeführt, bei der die Batterie immer weiter zerkleinert wird. Bei dieser Zerkleinerung entsteht ein pulverartiges Gemisch, das anschließend gesiebt wird und so die schwarze Masse bildet. Die schwarze Masse enthält Mineralien wie Kobalt, Lithium, Mangan und Nickel und kann nach einer weiteren chemischen Behandlung für die Herstellung neuer Batterien eingesetzt werden.
Wenn Metalle im Verfahren der Pyrometallurgie extrahiert werden, wird die gesamte Batterie (oder eine zerlegte Batterie) in einem Ofen auf 1000 °C erhitzt, um auf diese Weise Legierungen, Rohstein und Schlacke zu gewinnen, die dann weiterverarbeitet werden. Die Wärmebehandlung ist ein weiteres Verfahren zum Extrahieren von Mineralien. Bei diesem Verfahren wird die Batterie auf 100-500 °C erhitzt, was einen nur geringen Materialverlust verursacht und die Gewinnung von Nickel, Kobalt und Mangan fördert. Es kann sowohl vor als auch nach der mechanischen Vorbehandlung zum Einsatz kommen. Schließlich gibt es noch die Hydrometallurgie, die oft den letzten Schritt in diesem Prozess darstellt. Mit diesem Verfahren können durch Zugabe unterschiedlicher Lösungsmittel wie saurer Lösungen Reinstoffe extrahiert werden.
Am Recyclingkreislauf sind viele verschiedene Akteure beteiligt: Einige Unternehmen übernehmen lediglich die anfängliche Zerkleinerung oder Entelektrifizierung. Andere wiederum führen die Pyrometallurgie, die Wärmebehandlung oder die Hydrometallurgie durch.
Zahlreiche Recycling-Unternehmen erforschen derzeit die Kombination aus thermischer und mechanischer Behandlung und tätigen die entsprechenden Investitionen, da diesem Verfahren der nächste Durchbruch im Bereich Batterie-Recycling vorhergesagt wird. Die neuen Batterieverordnungen könnten auch die Erstellung eines Dokumentes beinhalten, das den Recycling-Prozess für Batterien transparenter gestalten soll: der Batterie-Pass. Im Wesentlichen soll dieser Pass Batterieverwertern oder Recyclingunternehmen die Möglichkeit bieten, die genauen Parameter der Batterie einzusehen. Dabei handelt es sich quasi um eine digitale Abbildung der Batterielebenszeit, die Informationen über die in der Batterie enthaltenen Mineralien und ihren Ursprungsort, die Produktionsstätte der Batterie und ggf. Recyclinghinweise liefert.
Abfallströme der Unterhaltungselektronik sind aufgrund der Langlebigkeit von Elektrofahrzeug-Batterien und ihres relativ kurzen Bestehens am Markt eine wichtige Quelle für das Recycling von Batterien. Derzeit wird nur ein kleiner Teil des jährlich erzeugten Elektroschrotts gesammelt und ordnungsgemäß entsorgt. Die in diesen Geräten enthaltenen Batterien verfügen möglicherweise über dieselben Mineralien wie Elektrofahrzeug-Batterien. Die Wiederaufbereitung der Altbatterien aus Elektroschrott wäre daher nicht nur gut für die Umwelt, sondern würde auch die dringend benötigten Mineralien zur Herstellung neuer Batterien bereitstellen.
Wir alle können einen Beitrag zur Herstellung künftiger Batterien leisten – indem wir unsere alten Batterien recyceln. Die Aufgabe der Industrie besteht darin, dieses Recycling-Verfahren so nachhaltig und effizient wie möglich zu gestalten.
Das Recycling von Batterien ist in der Tat eine Form der Kunst – und die sollten wir zu schätzen lernen.