Fünf Fragen an Monika Franke
Polestar Personalchefin Monika Franke erklärt, wie Social Media die Demokratie und die Gleichstellung fördern.
Sieht Ihr Arbeitsalltag wirklich so aus, wie ihn sich die meisten Leute vorstellen?
Viele Leute denken, dass ich als Personalchefin hauptsächlich für die Personalbesetzung und -beschaffung zuständig bin. Das ist aber nur ein Bruchteil meiner Arbeit. Übergreifend sage ich gerne, dass ich dazu da bin, unser Unternehmen leistungsfähiger zu machen. Dazu sind wir komplett in jede Abteilung integriert und wissen immer, was sich wo tut. Wir helfen, wann und wo wir gebraucht werden – sei es bei der Expansion in neue Märkte, der Umsetzung von Veränderungs- und Entwicklungsprozessen oder der Einbindung neuer Teammitglieder in ein Projekt. Wir helfen Beschäftigten außerdem, neue Führungsqualitäten zu entwickeln, und stehen ihnen bei Veränderungen zur Seite. Ich werde mindestens zwanzig Mal am Tag gefragt, ob ich kurz Zeit hätte. Dabei kann es um alles Mögliche gehen: „Wir möchten diese Körperschaft in Deutschland eintragen. Welche Art von Pensionszusage brauchen wir?“ oder „Wie schnell können wir in Großbritannien eine F+E-Abteilung aufbauen?“ Als Personalerin bin ich sowohl die Spinne, die im Netz sitzt, als auch diejenige, die es webt und unter allen Umständen zusammenhalten muss.
Gibt es einen Trend, der Ihren Arbeitsbereich derzeit besonders stark prägt?
Analysetools sind wahre Gamechanger. Je mehr datengestützte Einblicke wir als Unternehmen erhalten, desto fundiertere Entscheidungen können wir treffen. Auf diese Weise können wir unser Geschäft auf einer solideren Basis weiterentwickeln. Auch die künstliche Intelligenz kommt im HR-Bereich immer öfter zum Einsatz – etwa um zu analysieren, warum Arbeitskräfte das Unternehmen verlassen. Die KI ersetzt willkürliche Beobachtungen durch eingehende Analysen. Gleichzeitig sparen wir Zeit, da wir nicht 300 Bewerbungen manuell durchgehen oder Personalverschiebungen zwischen zwei Abteilungen bis ins kleinste Detail managen müssen. Diese Zeit und unsere Kompetenzen können wir dann in administrative oder kreative Tätigkeiten investieren.
Was ist – abgesehen von der Elektrifizierung – Ihre Lieblingserfindung?
Optische Linsen! Ohne meine Brille bin ich so gut wie blind. Die Linsen haben uns die Fotografie, den Film und viele andere Dinge gegeben, für die ich dankbar bin. Ohne sie würde ich regelrecht durchs Leben stolpern.
Was hat sich in Ihrem Arbeitsbereich in den letzten zehn Jahren getan oder verändert?
Etwas, das einen großen Einfluss auf jedes Unternehmen hatte, ist die Art und Weise, wie wir Social Media verwenden. Viele Interaktionen zwischen Menschen in und außerhalb eines Unternehmens finden heute in Social Media statt – ob Employer Branding, die Anwerbung und Einstellung von Personal, die Kommunikation oder der Kundendialog. Social Media fördern die Transparenz und haben den HR-Bereich immens beeinflusst – auf positive Weise. Sie geben uns Zugang zu Orten, die wir zuvor nicht erreichen konnten, um neue Arbeitskräfte zu finden. Sie sind ein Ort, um mit anderen in Dialog zu treten und Ideen auszutauschen, aber auch, um mit einem viel größeren Publikum zu interagieren. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass Social Media aus ethischer Sicht Druck auf Unternehmen ausüben. Dinge lassen sich nicht mehr so leicht unter den Teppich kehren; über Social Media gelangt fast alles an die Öffentlichkeit. Unternehmen müssen daher verantwortungsvoller, nachhaltiger und ethisch korrekter agieren. Früher war es relativ einfach, ein gewisses Image zu pflegen, ohne sich ganz daran zu halten. Heute kommt so etwas ans Tageslicht und zwingt Unternehmen zum Handeln. Darüber hinaus haben Social Media auch den Feedbackprozess flüssiger gemacht. Wir arbeiten nicht mehr mit einem jährlichen Prozess, bei dem Vorgesetzte zu Jahresbeginn Ziele und Chancen definieren und diese am Ende des Jahres überprüfen. Das Feedback dient uns heutzutage zur Weiterentwicklung; nicht bloß für rückblickende Beurteilungen. Wir erhalten das ganze Jahr über Rückmeldungen von den verschiedensten Leuten, was den Prozess iterativer und die Struktur und Kultur egalitärer macht. Eine ethische Unternehmensführung ist mir sehr, sehr wichtig. Daher schätze ich die Transparenz, die Social Media mit sich bringen. Je transparenter, desto besser. Die gesamte Entwicklung deutet darauf hin. Transparenz fördert die Demokratie und die Gleichstellung und wirkt Korruption und Diskriminierung in Unternehmen entgegen.
Was lässt Sie hoffnungsvoll in die Zukunft blicken?
Dass mir mein sechsjähriger Sohn Dinge über das Recycling und das Säubern von Stränden beibringt. Er hat auch schon seine Großeltern davon überzeugt, wie wichtig Umweltanliegen sind. Mein Sohn ist Teil einer Generation, die viel bewirken kann und wird. Kinder und Jugendliche legen heute so viel Wert auf Nachhaltigkeit. Wenn ich sehe, welche Verantwortung mein Sechsjähriger bereits für die Umwelt übernimmt, weiß ich, dass unser Planet in guten Händen sein wird. Bis dahin ist es unsere Pflicht, ihn für unsere Kinder zu schützen.