Einfach erklärt: Wie funktionieren eigentlich Bremsen?

Die Sache mit dem Bremsen ist eigentlich gar nicht so kompliziert. Im Grunde genommen ist es die Kunst, ein Fahrzeug genau im richtigen Moment langsamer werden zu lassen oder zum Stehen zu bringen. In dieser Einführung gehen wir dem Geheimnis der Bremsen auf den Grund, erklären ihre Funktionsweise und decken auf, was ein gutes von einem Weltklasse-Bremssystem unterscheidet. Los geht's.

In unserer Serie „Einfach erklärt” brechen wir komplexe Themen so herunter, dass sie auch ein 5-jähriges Kind verstehen würde. Auf dieser Reise in die Welt der Bremsen begleitet uns Gareth Thomas, Senior Engineer bei Polestar, mit seinem schier unerschöpflichen Wissen rund um das Bremsen.Zunächst einmal beginnen wir allerdings mit einem Crashkurs in Physik – sozusagen als Vorspann zu dieser Serie. Wenn ein Fahrzeug sich fortbewegt, baut es Energie in Form von Bewegung auf, die sogenannte kinetische Energie. Wenn Sie dann das Bremspedal betätigen, sorgen die Bremsen für Reibung an den Rädern, indem sie Druck auf die Bremsscheiben ausüben und die kinetische Energie dabei in Wärmeenergie umwandeln. Die Bewegungsenergie des Fahrzeugs wird aufgrund dieser Reibung also zu Wärme – das funktioniert genauso, wie wenn wir in kaltem Wetter unsere Hände aneinanderreiben. Diese Abgabe von Wärme sorgt dafür, dass Ihr Fahrzeug zum Stehen kommt.Die Geschichte des Automobils hat viele Bremssysteme kommen und gehen gesehen – gemeinsam war ihnen allen die Notwendigkeit der Reibung. Ohne Reibung gibt es keine Bremswirkung. Die frühesten Bremsversionen bestanden in einigen Fällen schlicht und einfach aus Holzstücken, die gegen die Räder drückten. Natürlich war das alles andere als optimal, zumal diese Bremsen zu einem hohen Reifenverschleiß führten, aber funktioniert haben auch sie dank der von ihnen erzeugten Reibung.

A portrait of Gareth Thomas.
Polestar 2 MY24 wheel and brake close-up.

Trommeln und Hydraulikbremsen

Aber wie erzeugt man denn nun Reibung auf dem Rad, ohne es dadurch zu beschädigen? Anfang des 20. Jahrhunderts kamen die schlauen Köpfe der damaligen Zeit auf die geniale Idee, dem Rad einfach eine Trommel hinzuzufügen. Im Inneren der Trommel befanden sich zwei hitzebeständige Beläge, die beim Bremsen gegen die Trommel drückten. Und da die Trommel am Rad befestigt war, bedeutete ein Abbremsen der Trommel gleichzeitig auch ein Abbremsen des ganzen Rads. Das löste zwar das Problem des schnellen Verschleißes, allerdings gab es beim reibungslosen Bremsen noch weitere Haken.Die ersten Automobile waren mit einem komplexen System aus Kabeln und Drähten bestückt, um den auf das Pedal ausgeübten Druck auf die Räder zu übertragen. Durch das Treten des Bremspedals wurde ein am Rad befestigtes Bremskabel betätigt. Dieses System verursachte allerdings gleich zwei Probleme. Neben der Tatsache, dass die Kabel immer wieder rissen, stellte die erforderliche Präzision, um auf alle Räder exakt denselben Bremsdruck auszuüben, die damaligen Techniker vor große Herausforderungen. Falsch gespannte Kabel würden dazu führen, dass das Auto beim Bremsen ins Schlingern geriet.Die Erfindung der Hydraulikbremsen löste dieses Problem. Bei den hydraulischen Bremsleitungen handelt es sich um Rohre, die das Bremssystem mit den am Rad befindlichen Trommeln verbinden. Diese Leitungen sind mit Bremsflüssigkeit gefüllt, die sich nicht komprimieren lässt, sodass sie die beim Betätigen des Bremspedals aufgebrachte Kraft nahezu verlustfrei weiterleiten kann. Durch die Verwendung unter Druck stehender Bremsflüssigkeit breiten sich die Kräfte beim Drücken des Bremspedal durch alle Bremsleitungen gleichzeitig aus. Ab den Fahrzeugen der 1950er-Jahre wurden ausschließlich hydraulische Bremsanlagen eingesetzt.Nun wissen wir bereits, wie die kinetische Energie des sich drehenden Rads in kontrollierter Weise mithilfe der Trommeln und der hydraulischen Bremsleitungen in Wärmeenergie umgewandelt wird. Aber was geschieht mit der Wärmeenergie, die übrig bleibt?

The brembo brake disassembled.

Bremsscheiben und -sättel

Wenn die Bremsen überhitzen, hat das fatale Folgen für den Bremsvorgang. Wenn sie zu heiß werden, können die Bremsen die kinetische Energie nicht länger in Wärme umwandeln und es kommt zum „Bremsfading” oder „Bremsschwund” (einem Nachlassen der Bremswirkung aufgrund von Überhitzung). Die Lösung ist denkbar einfach: Die Trommeln müssen raus und durch Bremsscheiben und -sättel ersetzt werden.Die Bremsscheibe ist mit dem Rad verbunden und befindet sich zwischen dem Bremssattel. Während Trommelbremsen durch Druck nach außen funktionieren, ist es bei Scheibenbremsen eine Art "Klemmen", also Druck nach innen. Der Sattel übt Druck auf die Scheibe aus, wodurch… – Sie können es sich sicher schon denken – Reibung erzeugt wird.  Je größer die Kombination aus Bremsscheiben und Bremssätteln, desto höher die Bremskraft.Scheibenbremsen sind außerdem bei der Wärmeabgabe besonders gut. Diese kann auf viele unterschiedliche Arten erfolgen. Erstens ist der Sattel nicht von einer Trommel umgeben, wodurch die Wärme entweichen kann. Zweitens sind die Scheiben mit Löchern versehen, durch die heiße Luft weggeleitet werden kann. Und drittens ermöglichen Kühlkanäle, die von der Vorderseite des Fahrzeugs bis zur Rückseite der Bremsen verlaufen, die Kühlung der Bremsen mit frischer Luft. Das können Sie sich so vorstellen, wie wenn Sie sich an einem heißen Tag zum Abkühlen vor den Ventilator setzen.Auch wenn sich Scheibenbremsen durch ihre überragende Bremswirkung auszeichnen, bedeutet das keineswegs, dass Trommelbremsen schlecht oder unsicher sind. Im Vergleich zu Trommelbremsen sind Scheibenbremsen wesentlich teurer in der Herstellung und im Austausch. Darüber hinaus sind sie auch rostanfällig, wenn sie nicht regelmäßig verwendet werden oder das Fahrzeug längere Zeit steht. Da es sich bei einer Trommelbremse um ein vollständig umschlossenes handelt, ist sie nicht in gleicher Weise Korrosion ausgesetzt. Trommelbremsen können außerdem auch als Feststellbremsen fungieren, was eine Vereinfachung der Bremsanlage bedeutet.

Brembo brake calliper.

Abnutzung und Verschleiß

Ein wesentlicher Faktor, um eine möglichst lange Lebensdauer der Bremsen sicherzustellen, besteht darin, dem System nicht zu viel Energie zuzuführen. Statt spät und scharf zu bremsen, sollte das Bremspedal möglichst früh und weniger stark betätigt werden. Auf diese Weise ist der auf die Bremsanlage wirkende Druck geringer und reduziert damit auch die zwischen Bremse und Bremsscheibe entstehende Reibung. So kann auch die hierbei generierte Energie schonender abgebaut werden.In der kalten Jahreszeit kann es vorkommen, dass die Bremsen von im Freien geparkten Fahrzeugen „einfrieren”. Um das zu verhindern, sollten Sie Ihr Auto, wenn irgendwie möglich, in einer Garage abstellen, in der die Bremsen durch die höheren Temperaturen vor Frost geschützt sind.Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Crashkurs Bremsen und ihre Funktionsweise ein Stück nähergebracht haben. Wenn Sie noch immer nicht genug haben, klicken Sie auf den Pfeil unten und erfahren Sie mehr über unsere Bremsen und unseren weltbekannten Partner Brembo.

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Schon seit mehr als einem Jahrhundert setzen sich die Menschen theoretisch und praktisch mit der Kunst des schnellen Fahrens auseinander, haben Anpassungen vorgenommen, sind Irrwege gegangen und haben seit jeher stets die Köpfe auf der Suche nach Perfektion zusammengesteckt. Aber damals war der Verbrennungsmotor noch der Hauptdarsteller. Da Polestar voll und ganz auf Hochleistungs-Elektroantrieb setzt, haben wir uns zusammen mit unserem Head of Chassis Development, Joakim Rydholm, auf die Suche nach der Profirennfahrer-Formel für Elektrofahrzeuge begeben.